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Die kleine Schneeflocke

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Es war ein schöner Wintertag im Dezember. Oben im Himmel warteten die Schneeflocken in den Wolken schon ungeduldig darauf, endlich einmal wieder auf die Erde zu gelangen. Da das Wetter in den letzten Tagen, Wochen und Monate immer noch sehr mild gewesen war, wäre es für sie seit dem letzten Winter nach langer Zeit mal wieder das erste Mal, mit der Erde in Kontakt zu treten. In den Wolken herrschte deswegen ein großes Durcheinander, das von Ungeduld, Freude und Neugier, baer auch Angst und Unbehagen gekennzeichnet war. Denn für viele kleine, junge Schneeflocken ist es der erste Winter, den sie erlebten. Das ganze Jahr über hatten sie die älteren Schneeflocken darüber ausgefragt, wie es ist, wenn sie langsam auf die Erde rieseln. Die großen, älteren Schneeflocken konnten ihnen darauf keine Antwort geben. Sie sagten nur, dass es für jede Schneeflocke ein anderes Gefühl ist. Für einige ist es das Schönste in ihrem ganzen Leben, bevor sie in einem weiteren Lebensabschnitt wieder nach oben in die Wolken gelangen. Andere Schneeflocken aber hätten Angst vor ihrem Niedertreffen auf die Erde, weil sie wissen, dass dann ein neuer Lebensabschnitt in einer anderen Gestalt beginnt.
Während die kleine Schneeflocke sich noch stärkte, damit sie auch einmal eine ganz große Schneeflocke werden würde, kam die älteste und größte Schneeflocke zu ihr und sagte, dass sie sich jetzt fertig machen müsse, da es gleich losgehen werde. Sie solle sich beeilen, denn die anderen könnten nicht alle auf sie warten und schließlich sollten sie alle gemeinsam auf die Erde fallen. Die kleine Schneeflocke wurde auf einmal ganz hektisch. Dass es jetzt so schnell losgehen würde, damit hatte sie nicht gerechnet. Wo waren denn ihre Freunde, ihre Geschwister und ihre Eltern? Sie sah sie nicht. Also begann sie nach ihnen zu rufen, aber niemand antwortete ihr. Sie fing an lauter zu rufen, aber sie bekam immer noch keine Antwort. Das Gedränge und Durcheinander in den Wolken wurde immer größer, da sie alle auf ihren freien Fall nach unten vorbereiteten und ebenfalls ihre Verwandten und Freunde suchten. Die kleine Schneeflocke wurde immer verzweifelter. Es wird das erste Mal sein, dass sie auf die Erde treffen wird. Wie sollte sie sich dort noch verhalten? Wie geht es weiter, wenn sie am Boden liegt? Was hatten ihre Eltern ihr gesagt, was sie machen muss, wenn sie in einer viel befahrenen Straße oder in einer Fußgängerzone landen wird? Sie konnte sich nicht daran erinnern. Sie suchte immer noch verzweifelt nach ihrer Familie und Freunde. Alle Schneeflocken um sie herum waren ihr unbekannt.
Aufeinmal ging es los. Sie merkte nur noch, wie sie anfing, sich schwerelos zu drehen. Sie trudelte immer weiter nach unten und nachdem sie eine Weile geschwebt war, sah sie bereits den Boden der Erde auf sich zukommen. Was sollte sie nun machen? Weh tun werde es nicht, das hatte ihr Vater ihr oft genug versichert. Während sie noch in Gedanken war, sah sie plötzlich ihre Freunde an sich vorbei fallen. Blitzschnell änderte sie ihre Fallrichtung und schloss sich ihnen an. All ihre Sorgen und Ängste waren im Nu verflolgen. Nun war sie schließlich nicht mehr allein, wenn sie auf der Erde ankommt.Ihre Freunde hatten bestimmt zugehört, wenn ihre Eltern ihnen das richtige Verhalten auf der Erde erklärt hatten.
Nach ihrem Aufkommen auf dem Erdboden, blieb sie genau neben ihren Freunden liegen. Sie feierte noch mit ihren Freunden das Wiedersehen, als sie plötzlich eine festen Tritt bemerkte. Was war passiert? Sie konnte sich nur noch daran erinnern, dass sie erneut durch die Luft gewirbelt wurde. Als sie sich umblickte, war sie wieder allein. Ihre Freunde, die einen kurzen Augenblick vorher noch neben ihr lagen, waren nicht mehr da. Sie hörte Leute Schritte und Rufe neben sich. Oh nein, dachte sie. Jetzt bin ich doch tatsächlich in einer überfüllten Fußgängerzone gelandet, in der die Menschen in letzter Minuter noch ihre Weihnachtseinkäufe erledigen. Keiner hat Augen für das Drumherum um ihn. Alle sind so beschäftigt, dass sie ihre Umwelt überhaupt nicht mehr richtig beachten und wahrnehmen. Keiner kümmerte sich um die kleine Schneeflocke. Hätte sie doch nur im Fußgängerzonen-Erdkontakt-Unterricht ihres Vaters besser aufgepasst, dann wüsste sie, was sie jetzt zu tun hätte.
Nachdem die kleine Schneeflocke am Boden schon etliche Male immer wieder an einen neuen Platz durch die Tritte der Menschen gewirbelt wurde, sprach eine ihr bekannte Stimme zu ihr. Sie konnte es nicht glauben, ihre Eltern lagen neben ihr und gar nicht weit entfernt hatte eine Schneepflug auch ihre Freunde ganz dicht neben sie geschoben...

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