7. Beitrag

Unterhaltung mit Gedanken

Es ist Donnerstagmittag. Lena ist gerade aus der Schule gekommen. Sie hat einen riesigen Hunger. Sie freut sich auf das Mittagessen, denn heute gibt es ihr Lieblingsgericht, Fischstäbchen mit Kartoffelbrei. Lecker, denkt sie sich auf dem Weg nach Hause. Es gibt nichts schlimmeres, als wenn man einen Bärenhunger hat und dann gibt es Linsensuppe.
Nachdem sie zu Hause angekommen ist und ihre Jacke ausgezogen hat, setzt sie sich an den Tisch. "Na, wie war es in der Schule Lena", fragt ihre Mutter sie. "Ganz ok", antwortet Lena. Immer das gleiche, denkt sie. Wenn Mama gleich zum letzten Mal das Essen abgeschmeckt hat, wird sie sich auch mit an den Tisch setzen und die Fragerei wird ihren Lauf nehmen.
Und so kommt es dann auch. Die Mutter nimmt ihre Schürz ab, legt sie über den Stuhl und setzt sich ebenfalls mit an den Tisch. Sie füllen sich beide die Teller und beginnen zu essen. Nicht mehr lange, denkt Lena und sie wird mir die nächste Frage stellen, entweder, ob das Essen schmeckt, ob ich viele Hausaufgaben auf habe oder was ich heute Nachmittag vorhabe. Immer dasselbe, denkt sie.
Und wie Recht Lena hatte. "Hast du viele Hausaufgaben auf?", fragte ihre Mutter sie. "Nicht so viele wie gestern". Lena nervte diese Fragerei. Es handelte sich dabei immer um dieselben Sachen, die dazu auch noch nicht einmal wichtig waren. Warum interessierte es sie wie viel Hausaufgaben sie auf hatte. Sie würde ihre dabei doch sowieso nicht helfen. Manchmal kam es Lena so vor, als wollte ihre Mutter nur irgendetwas sagen, ganz egal was.
Kaum war Lena mit ihrem Gedanken bei ihrem Essen, da spitzte ihre Mutter schon erneut, um zu einer Frage anzusetzen. "Schmeckt dir das Essen, Lena?" "Lecker wie immer", gab Lena zur Antwort. Hab ich es doch gewusst dachte Lena. Was sollte diese Frage. Mama weiß doch, dass sie gut kochen kann. Ihre Fischstäbchen schmecken immer. Das weiß sie doch auch. Außerdem hat sie sie schon so oft gemacht, dass es doch ein Wunder wäre, wenn sie auf einmal das Rezept vergessen hätte. Und schließlich schmeckt sie das Essen doch immer noch einmal ab, bevor sie es auf den Tisch stellt. Spätestens dann würde sie doch merken, dass es nicht schmeckt. Was sollte denn dann diese unnütze Frage?
Ihre Mutter stand auf, um sich ein Glas zu holen. Noch während sie sich erhob stellte sie Lena schon die nächste Frage "Was hast du denn heute Nachmittag vor?" Da platze Lena der Kragen. Sie wollte ihre Mutter nicht verletzen, aber sie hielt das nicht mehr aus. Ständig diese unsinnige Fragerei. "Was soll diese Frage, Mama? Hörst du mir denn eigentlich nie zu? Ich habe dir doch gestern Mittag schon erzählt, was ich heute vor habe." Auf einmal herrschte Stille am Mittagstisch. Eine ungewöhnliche Stille. Lena kam diese Ruhe ganz fremd vor. Das ist es, dachte sie. Die Stille. Warum musste ihre Mutter sie ständig beim Essen mit Fragen durchlöchern? Warum konnte sie denn nicht mal beim Essen ihren Mund halten. Immerzu stellte sie ihr Fragen, die überflüssig waren und deren Antwort sie eigentlich eh schon kannte. Konnte ihre Mutter nicht mal ruhig sein? Warum musste sie die Stille ständig mit sinnlosen und durch Fragen erzwungenen Gesprächen übertönen? War es ihr unangenehm, wenn die Stille den Raum betrat. Lena kam es so vor, als wenn ihre Mutter jedes Mal, sobald Stille einkehrte, sich unwohl fühlte. Als wenn sie versuchte, sich durch Gespräche und mit Hilfe ihre Stimme von der Last der Stille zu befreien. Lena hatte es schon oft bemerkt, dass ihre Mutter auch wenn sie mit fremden Leuten zusammen war, immer anfing irgendwelche Fragen zu stellen. Sie wunderte sich damm immer darüber, dass diese Leute ihre Mutter interessierte, denn Lena war es egal, wieviele Kinder die Leute hatten, die mit ihr im Wartezimmer beim Arzt saßen oder ob die Leute vor ihr an der Supermarktkasse auch so gerne die neue Schokolade essen. Lenas Mutter schien das angeblich zu interessieren.


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Im Gegensatz zu ihrer Mutter liebte Lena die Stille, denn dann konnte sie sich mit ihren Gedanken unterhalten. Warum konnte ihre Mutter dies nicht? Hatte sie es nie gelernt, sich ohne ihre Stimme zu unterhalten?

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